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Montag, 12. August 2013

Ein Liebesroman, der eigentlich keiner ist

Katharina Göbel: „Spiel der Tränen“
Bei meinem letzten Besuch im Verlag 3.0 drückte mir die Verlegerin ein Buch in die Hand, eben jenes Buch von Katharina Göbel. Ich sollte es lesen, sie wäre gespannt auf meine Rezension. Ein Liebesroman. Ein etwas anderer Liebesroman, anders wie auch dieser Verlag. So wurde mir das Buch angepriesen.
Ich habe es gelesen. Doch ich muss sagen, dass ich es schon kurz nach dem Anfang wieder weggelegt habe, denn es hatte für mich nichts mit Liebe, so wie ich sie mir vorstelle zu tun. Trotzdem raffte ich mich auf und las weiter. Liebe ist in diesem Buch wenig vorhanden. Mag sein, dass es an der Auffassung von mir liegt, was ich unter Liebe verstehe. Es ist nicht das Buch über Romantik, erfüllte Zweisamkeit. Vielmehr ist es ein Buch über Schmerzen, die die Seele vernarben, und über Schmerzen, die dem Körper zugefügt werden. Und das ist Liebe? Ja, manchmal schon. Viele Leser haben solche Art von Liebe schon erduldet, erdulden müssen, weil man glaubt, dann endlich wirklich, richtig geliebt zu werden.
Beim Lesen sah ich mich selbst, in dieser Beziehung, die mir wehgetan hat, mich zerstört hat. Und ich wollte der Protagonistin zurufen, sie solle endlich diesen Mann gehen lassen, sich von ihm losreißen. Nur dann gelingt es ihr ein neues Leben, ein tatsächlich erfülltes Leben zu genießen. Auf dem Klappentext lese ich Worte wie „Zerbrechlichkeit des Glücks“, „Machtspiele“, „die Geschichte einer Liebe, die genauso wunderbar wie auch unmöglich ist“. Liebe? Wieso spricht hier die Autorin von Liebe. Das, was die beiden Protagonisten verbindet, ist sexuelle Gemeinsamkeit, Trieb, den man befriedigen will. An keiner Stelle des Buches konnte ich etwas von Zärtlichkeit lesen, die nicht gleich auf körperliche Befriedigung ausgelegt war. Nirgendwo ein Zeichen von Gemeinsamkeit, Freundschaft. Was verbindet beide eigentlich. Gemeinsamer guter Sex. Ist das Liebe? Die Liebe, die wir heute leben, fernab von wahren und tiefen Gefühlen? Wie kann ich Liebe und Machtspiel verbinden? Der Katalog der Fragen lässt sich bedingungslos fortsetzen.
Am Ende stellt sich mir als Leser die Frage, ob das alles, was ich eben gelesen habe, Realität oder Fiktion ist. Lange habe ich darüber nachgedacht. Mein Ergebnis: In vielen Beziehungen ist ein solches Vorgehen traurige Realität. Man bleibt zusammen, weil man ohne den anderen nicht lebensfähig ist, weil man Angst hat, allein nicht zurechtzukommen. Gibt es noch die wahre Liebe? Liebe, die auf Vertrauen, Rücksicht, Kameradschaft und einem großen Maß an Verlangen besteht? Es gibt sie noch, wenn auch eher selten.

Sprachlich gewandt hat Göbel ein Thema zu Papier gebracht, das alltäglich ist, aber wie viele Themen in unserer Gesellschaft einfach tabuisiert ist. Weshalb sollte man über etwas sprechen, das so gar nicht in unsere Spaßgesellschaft passt. Göbel tut es in Form eines Tagebuches. Es ist kein schönes Buch im eigentlichen Sinne, das man nach Feierabend mit einem Glas Rotwein genießt. Dennoch gehört es in unsere Tage, um uns selbst vor Augen zu führen, wie oberflächlich wir mit solchen sensiblen Worten wie Liebe umgehen.