Alles aus meiner Hand

Donnerstag, 23. Januar 2014

Gerechtigkeit hat viele Gesichter

Teil 2 von "Misshandelt im Namen seiner Ehre" beschreibt, wie Emilia erfahren muss, dass ihr Bestreben, endlich Gerechtigkeit zu erfahren, bitter enttäuscht wird. Nach dem Angriff und ihrer Erholung geht sie zurück in ihre Wahlheimat. Sie versucht, ihr Geschäft weiter zu führen, auch ohne ihren Freund. Doch er lässt nicht locker, bedroht sie, versucht, sie wieder zurückzubekommen. Sie jedoch bleibt stark, lässt sich nicht umstimmen. Um sicher leben zu können, ist sie gezwungen mehrmals umzuziehen. Dem Druck, ständig vor ihrem Peiniger auf der Flucht zu sein, hält sie nicht stand. So beschließt sie alles aufzugeben und geht zurück nach Deutschland. Ein Jahr später findet endlich der lang ersehnte Prozess statt. Emilia wird durch das Gericht gezwungen anwesend zu sein. Viel erwartet sie nicht, nur eines Gerechtigkeit. Leider muss sie erfahren, dass sich ihre Vorstellung von Gerechtigkeit nicht mit der des Richters deckt. Enttäuscht reist sie ab, wendet sich ab von dem Land ihrer Träume.
Ebenso wie der erste Teil versetzt auch der zweite Teil den Leser in Erschrecken und Wut. Einfühlend schildert die Autorin, zum einen, wie sie für ihren Neuanfang kämpft, mit Kraft, Mut und Engagement. Zum anderen lernt der Leser eine Rechtssprechung kennen, die ihn nur Entrüstung abringt. Sehr eindrucksvoll schildert sie, wie verachtend sie vom Gericht behandelt wird, wie auch ihr Anwalt gegen sie arbeitet und sie keine Chance hat, sich aus diesem Teufelskreis zu befreien.
Die Autorin bedient sich einer sehr blumigen Sprache, die den Leser ins Geschehen hineinführt.
Das Cover lässt schon erahnen, dass die Protagonistin am Ende sich abwendet, auch wenn man noch so sehr mit ihr hofft und bangt, dass ihr die Gerechtigkeit widerfährt, die sie verdient hat. Geschah alles im Namen der Gerechtigkeit?

Montag, 13. Januar 2014

SabineM. Gruber: „Beziehungsreise“

Bibliographie:
·         erschienen 2012 im Picus Verlag Wien
·         umfasst 222 Seiten
·         Hardcover

Inhalt:
Sophias Beziehung zu Marcus ist nach zehn Jahren am Ende. Warum? Sie hat doch immer alles für die Beziehung getan, glaubt sie. Doch Marcus hatte sie ja schon immer kritisiert. Wie konnte sie nur so lange an dieser Beziehung, die noch nie eine war, festhalten.
Sophia erträgt zehn Jahre lang Demütigungen, lässt sich kritisieren, verkommt zu einem Wesen, das sich selbst entrechtet hat.
Marcus lebt seinen unermesslichen Egoismus aus, lenkt nur kurzzeitig ein, wenn er merkt, dass er sein finanzielles Polster Sophia verlieren könnte. Sie ist es, die ihm seine Reisen zu seinen Traumzielen erfüllt. Dabei interessiert es ihn nicht, was Sophia fühlt, denkt oder sich gar wünscht. Er lebt sein Leben, das ist für ihn wichtig. Sie ist dabei nur ein Anhängsel, das er sich so zurechtbiegt, dass sie zwar immer die Kreditkarte zückt, wenn es notwendig ist, und auch so für ihn da ist, wenn es um die Erledigung unangenehmer Dinge geht. Doch Achtung lässt er ihr nicht zukommen. Der Höhepunkt dieser gewaltvollen Beziehung ist die Vergewaltigung während eines Urlaubs in der Steiermark. Dabei ist dieses Vorgehen von Marcus nur die Spitze des Eisberges. Seine Gewalttätigkeit zeigt sich schon viel früher, nimmt aber zu diesem Zeitpunkt nur eine besondere Form an, wird direkt.

Sprachliche Gestaltung:
Die Autorin verwendet viele Ellipsen, um die Zerrissenheit von Sophia zu dokumentieren. Sogenannte ein-Wort-Sätze dominieren ganze Seiten. Dem Leser wird unmissverständlich klar gemacht, in welcher depressiven Grundhaltung sich die Protagonistin befindet. Einfach Bilder, die an ihr vorüberziehen, gefühllos, abgestumpft. Tot. Es ist eine eigenwillige Form des Schreibens, bedarf schon eines entsprechenden Leseverhaltens des Rezipienten, obwohl die Grundaussage dieses Romans nicht nur für leseerfahrenes Publikum gedacht ist. Erst durch diesen Roman können sich einige Paare, besonders jedoch Frauen, die sich immer wieder für eine Beziehung aufgeben, zum Nachdenken gelangen, ob sie diese oder so eine Beziehung möchten. Ob es sich lohnt, sich für einen Partner gänzlich aufzugeben, ohne Willen, ohne Wünsche und Bedürfnisse zu sein. Sich und sein eigenes Leben immer hintenan zu stellen. Am Ende kam zur Frage: Was ist eine Beziehung? Was erwarte ich von einer Beziehung?
Passend zum Thema ist das Cover gestaltet. Ein Paar, das zwar auf den ersten Blick nebeneinander geht, bei genauerer Betrachtung aber keinen gemeinsamen Weg geht. Grau-braune Töne verdeutlichen die allgemeine Grundstimmung dieses Paares.
Sabine Gruber wählte für ihren Roman den Rückblick. Nur so kann die Protagonistin mit ihrem Leben abrechnen. Es ist keine Erzählung mit steigender Handlung, sondern eher eine Abrechnung mit der Vergangenheit.

Thematische Umsetzung:
Was ist eine gute und lebenswerte Beziehung? Ab wann ist es Zeit, sich aus einer Beziehung zu lösen. Wie lange sollte man auch in Krisen an einer Beziehung festhalten? Diese Fragen kamen mir in den Sinn, als ich das Buch gelesen habe. Kann sein, dass andere Leser andere Assoziationen mit diesem Buch verknüpfen. Zeichnet es sich nicht schon am Anfang einer Beziehung ab, ob es sich lohnt, eine Beziehung zu leben? Warum sind Frauen dazu bereit, sich für eine ersehnte Zweisamkeit zu unterwerfen, ihr eigenes Ich vollkommen auszublenden? Wie weit darf man in einer Beziehung man selbst sein?

Welches Fazit ich aus eigenen Erfahrungen und der Lektüre gezogen habe? Schon kurz nach Beginn einer vermeintlichen Beziehung zeichnet sich ab, wie gut oder wie schlecht eine Beziehung ist. Es lohnt sich nicht, einem Phantom nachzujagen, zu versuchen, etwas so zu gestalten, wie man es gern hätte. Wenn der andere Teil der Partnerschaft sich von Anfang an so gibt, dass nur seine Wünsche und Bedürfnisse von ihm berücksichtigt werden, dann hat eine Zweisamkeit keine Chance. Es ist dann vermessen, zu versuchen, sich eine Traumwelt zu schaffen. Am Ende ist der Preis unbezahlbar. Die Moral des Romans ist kurz gefasst: Bereits zehn Jahre früher hätte Sophia auf diese Beziehung verzichten können und damit auch die Erfahrung von Gewalt. Die Vergewaltigung war nur der höchste Ausdruck der Missachtung.